Eigentlich hatte alles so richtig gut angefangen. Die Leverkusener Werkselfen führten im NRW-Duell gegen die HSG Blomberg-Lippe schnell mit 2:0, dann mit 3:1, 4:2, 7:5 und beim 9:6 in der 19. Minute sogar mit drei Toren. Bis zu diesem Zeitpunkt war Pia Adams mit drei Treffern und einer guten Leistung in der Abwehr einer der Aktivposten im Team von Renate Wolf gewesen, hatte aber unglücklicherweise auch schon zwei Zeitstrafen auf dem Konto - was die Trainerin veranlasste,die große Blonde in der Abwehr weitgehend rauszunehmen, um ihr eine dritte Zeitstrafe und damit die fällige Disqualifikation zu ersparen. Es war irgendwie sinnbildlich für das Spiel der Leverkusenerinnen an diesem Tag: Nach der dynamischen Anfangsoffensive schienen die Elfen mit angezogener Handbremse zu spielen, in der Abwehr schlichen sich immer mehr Fehler ein, vorne wurden sogenannte hundertprozentige Chancen nach Gegenstößen vergeben, doch immerhin war zur Pause noch alles drin. Mit 12:12 ging es in die Kabinen.
Renate Wolf schwante schon zu diesem Zeitpunkt nichts Gutes. "Wir haben zu viele Großchancen liegenlassen, sowas rächt sich meistens in der Endabrechnung", sagte sie und bemängelte außerdem, dass ihre Spielerinnen die immer stärker werdende Anna Monz im Tor der HSG Blomberg-Lippe regelrecht warmgeschossen hatten. Das Tor sollte in der zweiten Halbzeit, die wahrscheinlich als eine der schlechtesten in der jüngeren Leverkusener Bundesliga-Geschichte in die Annalen eingehen wird, eine Schlüsselrolle spielen. Auf der einen Seite die bärenstarke Anna Monz, auf der anderen Seite Nataliya Gaiovych und Vanessa Fehr,die beide nahezu keine Hand mehr an den Ball bekamen. "Wir haben in der zweiten Hälfte ohne Torfrau gespielt", lautete das deutliche Resumee von Renate Wolf, die getreu ihrem Naturell nichts, aber auch gar nichts beschönigen wollte: "Natürlich ist das Tor auch immer auf die Abwehr angewiesen, und unsere Abwehr hat bei weitem nicht so zugelangt, wie es auf diesem Niveau nun mal nötig ist."
Auf der Gegenseite lief es besser, auch wenn Blombergs Trainer Andre Fuhr seiner Mannschaft keinesfalls eine überragende Leistung attestierte, sondern lediglich von "solidem Handball" sprach. Es sei beileibe keine Selbstverständlichkeit, in Leverkusen zu gewinnen, fügte Fuhr an, aber die Elfen hätten es seiner Mannschaft sehr leicht gemacht. "Blomberg hat uns vor allem in der zweiten Halbzeit vorgemacht, wie man mit einer einigermaßen vernünftigen Deckung auch eine Nationalspielerin kaltstellen kann", sagte Renate Wolf, und es war jedem klar, wen sie damit gemeint hatte. Kim Naidzinavicius blieb wie schon am vergangenen Mittwoch in Leipzig weit hinter ihrer Bestform und hatte als zählbare Ausbeute gerade mal zwei Siebenmeter auf der Habenseite. Weitere drei Strafwürfe vergaben die Elfen, Anne Jochin, Kim Berndt und Jennifer Rode scheiterten vom Punkt.
Es war dann laut Renate Wolf mit zunehmender Spieldauer nicht zuletzt auch eine Frage der mangelnden Einstellung, die am Ende zur deutlichen Heimniederlage führte. "An der Einstellung gibt es so viel zu kritisieren", sagte die Chefin, "mit Handball aus dem Stand, mit dieser Menge an technischen Fehlern gewinnt man in der Bundesliga nicht viel." Blomberg habe den Elfen gezeigt, "wie man mit der nötigen Spielfreude und ein paar guten Ideen jede Menge Tore machen kann. Und am Ende ist dann auch der Torwart immer nur so gut wie die Abwehr, die er vor sich hat." Die Tatsache, dass es in dem Spiel insgesamt zwölf Zeitstrafen und wegen der jeweils dritten zwei rote Karten gegen die HSG-Spielerinnen Malgorzata Buklarewicz und Josefine Huber gab, sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, immerhin ist eine solche Flut an Zwei-Minuten-Strafen in der Bundesliga "doch recht ungewöhnlich", wie Renate Wolf feststellte, aber: "Mit solchen Gegebenheiten muss man in der Lage sein umzugehen."
Wie ihre Mannschaft im Hinblick auf die kommenden Spiele mit der Niederlage umgeht, bleibt abzuwarten. "Harte Arbeit" kündigte Renate Wolf für die kommenden Tage an, am Samstag steht das Gastspiel bei der SVG Celle auf dem Programm. Das nächste Heimspiel ist am 31. Januar gegen Frisch Auf Göppingen, und dann kommt auch schon der Deutsche Meister in die Smidt-Arena: Am 3. Februar, einem Mittwoch, ist der Thüringer HC in Leverkusen zu Gast - ein leichtes Programm sieht anders aus.
Es gab aber an diesem Sonntag auch Erfreuliches aus der Smidt-Arena zu berichten. Vor dem Spiel wurde Nationalspielerin Jennifer Rode von der früheren Speerwurf-Weltmeisterin Steffi Nerius, mittlerweile Leiterin des Leverkusener Sportinternats, sowie Manfred Herpolsheimer, dem Vorsitzenden der Sparkasse Leverkusen, und Michael Bramhoff, Direktor des Landrat-Lucas-Gymnasiums, als Eliteschülerin des Sports 2015 ausgezeichnet. In der Halbzeitpause überreichte dann Leverkusens Handball-Abteilungsleiter Andreas Thiel der Deutschen Krebshilfe einen Scheck in Höhe von 1781,51 Euro.